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Mittwoch, 17. Mai 2017

Straight White Male

Hallo meine weißen Freunde,

heute kommen wir zu dem wahrscheinlich längsten Hörbuch der Welt. Naja, vielleicht nicht ganz, aber es hat mich nun doch durch viele viele Wochen begleitet bei Hausarbeit und Autofahren. Nach den ersten Kapiteln war ich gar nicht sicher, ob ich weiterhören will, aber nun hab ich es doch geschafft. Ein sicher streitbares Buch, deswegen verdient es einen Platz auf dem Blog.

Die Fakten:
  • Autor: John Niven
  • Leser: Gerd Köster
  • Titel: Straight White Male
  • Übersetzung: Stephan Glietsch
  • Erschienen: 2014
  • Verlag: Random House Audio
  • Dauer: 12 Stunden, 28 Minuten (ungekürzt, kam mir viel länger vor... xD)
  • Preis: 6,47 Euro
  • Klappentext: "Der preisgekrönte irische Romanautor Kennedy Marr führt auf den ersten Blick ein traumhaftes Leben. Der jüngste Autor, der je für den Booker Prize nominiert wurde, wohnt mittlerweile in L.A. und verdingt sich in Hollywood inmitten der Schönen und Reichen als Drehbuchautor. Er verdient ein Vermögen, dummerweise gibt er jedoch noch mehr aus: Alimente für zwei Exfrauen, ein großes Haus in den Hollywood Hills, die Steuerbehörde und ein kolossal verschwenderischer Lebensstil bringen ihn an den Rand des Bankrotts. Und nicht nur finanziell sieht es finster aus, auch kreativ ist er am Ende. Seit fast zehn Jahren hat er keinen Roman mehr geschrieben, mit mehreren Drehbuchprojekten ist er in Verzug. Da kommt wie aus dem Nichts die Nachricht, dass er in England für einen großen literarischen Preis auserkoren wurde. Doch um das Preisgeld in Höhe von 500.000 Pfund zu erhalten, muss er an der dortigen Universität ein Jahr creative writing unterrichten. Und nichts verachtet er mehr als den literarischen Betrieb. Zudem wird er dort auf seine erste Frau und Tochter treffen, Konflikte sind vorprogrammiert."

Wow, der längste Klappentext ever, so viel steht fest. Der Text spoilert im Übrigen große Teile der Handlung. Nach dem Lesen dachte ich, dass der Fokus auf seiner Arbeit an der Uni und mit den Studenten, vielleicht auf der Auseinandersetzung mit seiner Familie liegt. Dies ist aber erst der zweite Teil des Buches.  Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Leben in L.A. und den Tücken des Reichseins.

Wie gesagt, nach dem ersten Kapitel war ich nicht sicher, ob ich weiterhören möchte. Denn das Buch ist, was es verspricht. Kennedy Marr ist ein straight white male erster Güte. Er ist unglaublich sexistisch, Alkoholiker und schwanzgesteuert. Damit kann ich ehrlich gar nichts anfangen. Diese drei Punkte führen ihn dann immer mehr in die Klemme.

Er ist zwar berühmt, aber er gibt das Geld mit beiden Händen aus. Er liebt teure Essen, trinkt schon zum Mittag große Mengen, natürlich nur vom besten Scotch, dazu Martini, Wein und ähnliches. Er verachtet alle Frauen um sich herum und verpasst dadurch jede Möglichkeit auf ein bisschen Liebe. Und er ist sehr selbstmitleidig, denn er hat ja auch ein hartes Los, dieser reiche Schnösel.

Wenn man sich das eine Weile angehört hat, kommen langsam Rückblicke dazu, die zeigen, dass er nicht immer so war. Seine Familie stammt aus ärmeren Verhältnissen. Seine Eltern haben sich kaputt geschuftet, damit die Kinder alle Chancen haben. Seine Schwester hat sich ob einer enormen Schuldenlast das Leben genommen, die Kennedy ohne Probleme hätte tilgen können - wenn er es denn gemerkt hätte. Sein kleiner Bruder lebt in England, ist Sozialarbeiter aus vollem Herzen und kümmert sich mit seiner Frau um die kranke Mutter.

Nach dem Studium hat Kennedys erste Frau ihn monatelang ausgehalten, damit er seinen ersten Roman schreiben kann. Gedankt hat er es ihr, indem er vom Ruhm trunken wurde und sie bald mit anderen Frauen betrogen hat. Seine kleine Tochter hat er bei der Mutter zurückgelassen, als er nach L.A. ging und ihr damit das Herz gebrochen.

All diese Charaktere treten nun aber wieder auf den Plan, denn schließlich muss Kennedy nach England zurückkehren. Das steuerfreie Preisgeld ist die einzige Chance, sein Leben zu retten. Und irgendwie freut sich Kennedy auch auf hübsche Studentinnen. Es macht ihm auch große Freude, seinen Professorenkollegen einiges reinzudrücken.

Doch dann wird plötzlich das eine gefährdet, was er auf keinen Fall verlieren kann: seine Männlichkeit. Und es bleibt die Frage, kann er mit diesem Verlust leben oder nicht. Dieser Moment endet dann kurz vor Schluss alles. Man kann darüber entscheiden, ob das realistisch ist, oder nicht. In  meiner Welt verändern sich Menschen nicht. Man kann es ihm aber nur wünschen.

Der Schreibstil geht für mich in Ordnung. Zum Hören war es sehr angenehm. Die Sprache von Kennedy Marr ist aber gespickt mit Schimpfwörtern, sexistischen Bemerkungen und Flüchen. Ich persönlich mag das nicht gern, aber es gehört zum Charakter - den mochte ich ja auch nicht. Ein Stück weit ist dies sicher gewollt. Was mir aber völlig gefehlt hat, ist die Ironie. So soll dieses Buch doch voll beißender Ironie sein - wo? Nichts an diesem Buch ist lustig, wie irgendwelche Kritiker behaupten. Nichts daran bringt mich zum Weinen. Es ist einfach wieder ein Buch von einem Mann, der sich selbst und seiner Männlichkeit hinterherweint.

Insgesamt kann ich nicht verstehen, warum das Buch so hoch angesehen ist. Nach den ersten Kapiteln hätte ich den Ausstieg gewagt, hätte ich zu der Zeit ein anderes Hörbuch gehabt. Das Ende ist für mich ein bisschen besser und der Schreibstil ist angenehm und wird durchaus literarisch. Auch wird gelegentlich sehr gut und passend von anderen Autoren zitiert. Das Buch ist also intelligent geschrieben, aber ich finde keine Spur Ironie darin.

Vielleicht ist es euch anders ergangen? Dann schreibt uns davon!

Bis bald,
Eure Kitty Retro





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