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Dienstag, 9. April 2024

Die Unerzählte Geschichte


Hallo meine Geschichtshasen,

heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, dass ich zu Weihnachten bekommen habe. Es ist ein Buch über Geschichte - westliche Geschichte, mit Fokus auf Deutschland, Europa und etwas USA - aber anders erzählt, nämlich über die Errungenschaften von Frauen. Dabei wird auch darauf eingegangen, warum wir die Namen dieser Frauen vielleicht noch nie gehört haben, obwohl sie Unglaubliches geleistet haben.

Die Fakten:

  • Autor: Vera Weidenbach
  • Titel: Die Unerzählte Geschichte - Wie Frauen die moderne Welt erschufen - und warum wir sie nicht kennen
  • Erschienen: 2022
  • Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag
  • Seiten: 328 + Quellenverzeichnis
  • Preis:
  • Klappentext: "Frauen verändern schon immer die Welt: Sie waren nicht nur "die Ersten ihrer Art", sie waren die Ersten überhaupt. Sie forschten, schrieben Weltliteratur und läuteten neue Epochen in der Kunst ein. Vera Weidenbach macht endlich sichtbar, welchen Anteil Frauen an unserer modernen Welt haben. In Wahrheit schuf nicht Walt Disney den ersten Trickfilm, sondern Lotte Reiniger. Rosalind Franklin beschrieb die DNA, Ada Lovelace das erste Computerprogramm und Lise Meitner die Kernspaltung. Camille Claudel prägte die Bildhauerei der Moderne, und Margarete Steffin brachte die Stimmen der kleinen Leute in die weltberühmten Stücke von Berthold Brecht."

Zum Inhalt: In sechs Kapiteln gehen wir durch sechs Zeitabschnitte der Geschichte. Wir beginnen im 19. Jahrhundert, arbeiten uns durch den ersten Weltkrieg, die Phase zwischen den Weltkriegen und den zweiten Weltkrieg schließlich in die Nachkriegszeit bis fast zum Fall der Mauer und dem Ende des kalten Krieges. Dabei wird die Geschichte chronologisch erzählt und wir springen so von Frau zu Frau, besuchen einige nur einmal, andere immer wieder durch die Zeit hinweg.

Die Autorin beleuchtet dabei Frauen aus Wissenschaft, Kultur und Kunst, und zeigt deren Errungenschaften und ihre Unsichtbarmachung auf. Auch wenn sich die Möglichkeiten der Frauen durch die Zeit verändern, sind doch die Gründe, mit denen sie ins Abseits geschoben werden, erschreckend konstant. Hier geht es dann allerdings wenig in die Tiefe, sodass letztlich hier doch eine Reihe von Einzelschicksalen steht, die nur dürftig zu einem großen Ganzen verbunden werden.

Die Auswahl der Frauen, die konkret vorgestellt werden, ist nur eine Auswahl, das betont Vera Weidenbach in ihrem Buch. Es würden immer Frauen vergessen. Und ich finde auch, dass die Länge des Buches genau richtig ist, sodass ich nicht dafür plädieren würde, mehr Lebensläufe aufzunehmen. Dennoch hat sich mir so manche Auswahl nicht erschlossen. Zum Beispiel fand ich die Debatte um Coco Chanel zwar interessant (und würde hier auch Recherchen empfehlen, auch wenn ihr Mode nicht mögt), aber sie passt so gar nicht zu den unsichtbaren Frauen. Ihr Name steht auch heute noch auf luxuriösen Parfums und teuren Handtaschen. Kein Mann hat ihr den Rang abgelaufen oder den Erfolg streitig gemacht - auch wenn ein Mann für sie fast zum wirtschaftlichen Verhängnis geworden wäre. Was macht sie hier?

Auf der Kehrseite dieser Medaille fühle ich beim Lesen ein großes Loch von historisch unsichtbaren Frauen, die weiter unsichtbar bleiben, weil sie nicht die Wissenschaft oder Kunst revolutioniert haben. Weil sie so unterdrückt waren, dass ein Zugang zu potentiellem Ruhm in ihren kühnsten Träumen nicht vorkam. In einem frühen Kapitel finden wir zumindest einen kurzen Verweis auf die Rolle, die Klasse und Stand für diese Frauen gespielt haben. 

Aber daneben sind noch andere unsichtbare Frauen. Marginalisierte Frauen - Transfrauen, queere Frauen, Frauen mit Behinderung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich nicht zumindest eine solche Frau gefunden hätte, um den lustigen Reigen von weißen Mittelklasse-Frauen in diesem Buch unterbrochen hätte. Zugegeben, ein paar Schwarze Frauen und eine Frau chinesischer Herkunft werden erwähnt, doch alle in den USA. Gab es in Deutschland und Europa keine Frauen of Color, die Großes geleistet haben?

Abgesehen von dieser klaffenden Lücke hat mich das Buch durch den flüssigen Schreibstil überzeugt. Man kann es einfach super lesen. Ich hatte auch das Gefühl, dass sehr wenig Überflüssiges darin steckt. Ein bisschen seltsam fand ich die Geschichte von Silvia Plath aufgearbeitet - die ist auch nicht auf meiner Liste von unsichtbaren Frauen der Literatur, aber ok. Ein bisschen herausfordernd ist, dass wir chronologisch lesen und so manche Frauen in mehreren Abschnitten oder Kapiteln vorkommen, aber das hat mich nicht gestört.

Manche Frauen dagegen tauchen im Buch nur kurz auf - und das ist meistens, weil sie auch in der Geschichte nur kurz aufgetaucht sind. Es ist wirklich erschreckend, wie viele Frauen in diesem Buch bereits in jungen Jahren und sehr häufig an Krebs gestorben sind. Neben den vielen Aspekten, die Wut im Leser auslösen werden, hat mich das auch unglaublich traurig gemacht. Gerade für ihre teilweisen kurzen Leben, haben diese Frauen wirklich Großartiges geschafft. Diejenigen, die länger leben konnten, mussten oft um Anerkennung und Entlohnung für ihre Werke kämpfen. Also hier auf Wut vorbereiten.

Alles in allem fand ich das schon ein schönes Buch. Ich habe auf jeden Fall Dinge gelernt, die ich vorher nicht wusste. Auch der Fokus auf Deutschland, Europa und die USA fand ich ihn Ordnung, irgendwo muss man ja anfangen. Ich fand die Mischung aus Frauen aus Wissenschaft, Kultur und Kunst gut getroffen. Gegen Ende hin hatte ich aber das Gefühl, dass es irgendwie hektischer wird, da die kurzen Kapitel die komplexe Geschichte dann vielleicht nicht mehr so gut widergeben konnten. Aber vielleicht war das nur für mich so. Ich würde das Buch empfehlen, wenn ihr mal eine andere Geschichte über die Moderne lesen wollt. 

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Sonntag, 7. April 2024

Acceptance


Hallo meine Sci-Fi-Hasen,

heute kommen wir zum vorerst letzten Band in der Southern Reach-Reihe. Vorerst, weil gerade ein vierter Band angekündigt wurde. Mal schauen, ob ich den dann noch irgendwann lese. Aber erstmal reden wir heute über Band 3, der mir wirklich wahnsinnig gut gefallen hat. Es wird aber schwierig, komplett spoilerfrei zu erklären, warum. Ich versuche mein Bestes.

Die Fakten:

  • Autor: Jeff Vandermeer
  • Titel: Acceptance (dts.)
  • Reihe: Southern Reach 3
  • Erschienen: 2014
  • Verlag: Farrar, Strauß and Giroux (Bind-up aller drei Bände)
  • Seiten: 232 (im Bind-up)
  • Preis: 22,99 Euro (Bind-up aller drei Bände)
  • Klappentext: "It is winter in Area X, the mysterious wilderness that has defied explanation for thirty years, rebuffing expedition after expedition, refusing to reveal its secrets. As Area X expands, the agency tasked with investigating and overseeing it—the Southern Reach—has collapsed on itself in confusion. Now one last, desperate team crosses the border, determined to reach a remote island that may hold the answers they've been seeking. If they fail, the outer world is in peril."


Zur Handlung: Nach dem Fall der Southern Reach finden sich verschiedene Charaktere in der Area X wieder. Sie beschließen, sich zusammen zu tun und Antworten zu suchen. Doch jeder von ihnen hat seine eigenen Pläne, und nicht alle von ihnen sind wirklich menschlich. Aber vielleicht sind sie die letzte Hoffnung der Menschheit wie wir sie kennen.

Über allem schwebt das Bewusstsein der Psychologin. Sie erinnert sich zurück an den Weg, der zu ihrer Auflösung geführt hat, von einer Kindheit an einem Leuchtturm zu einem Job, der ihr Leben vereinnahmt hat. Und wir lernen Saul kennen, der sich nur ein neues ruhiges Leben mit seinem Liebhaber aufbauen will, aber gegen unsichtbare Windmühlen kämpft, und vielleicht auch gegen sein eigenes Bewusstsein.

Wie gesagt, es ist so schwer, über dieses Buch zu sprechen, denn allein zu sagen, wer noch lebt, ist ja schon ein Spoiler. Dennoch versuche ich euch jetzt rüberzubringen, dass dies mein Lieblingsbuch in der Reihe war. Das lag vor allem auch daran, dass wir hier das erste Mal mehrere Perspektiven bekommen, und ein davon hat mir ganz besonders gut gefallen.

In einer ersten Perspektive folgen wir zwei Charakteren direkt nach Buch 2 auf ihrem Weg, der sie in Area X geführt hat. Dazu kann ich nicht viel mehr sagen, außer dass sie versuchen herauszufinden, ob sie Area X noch aufhalten können, und ob sie das wollen. Die zweite Perspektive gehört zur Psychologin und ist in der zweiten Person geschrieben, was ich absolut liebe. Hier bekommen wir einige Antworten, die wir schon in Band 1, spätestens in Band 2 haben wollten.

Die dritte Perspektive ist aber die, die mich absolut begeistert hat. Wir folgen einem Charakter namens Saul vor dem Entstehen der Area X. Dieser Blick auf einen Mann, der einfach nur sein Leben leben will, seinen Freund lieben will, aber davon abgehalten wird von seltsamen Leuten, die immer wieder in seinen Alltag einbrechen.... und dann wissen wir, was kommen wird. Boah, das hat mir Gänsehaut gemacht. Spannend fand ich daran auch, dass wir mit dieser Perspektive mitten drin sind in der Entstehung von Area X, aber trotzdem immer noch nicht alles verstehen, weil es selbst für diese Figur alles rätselhaft bleibt.

Durch die verschiedenen Perspektiven erhalten wir nochmal ein deutlich umfassenderes Bild von Area X, ohne dass dadurch wirklich alle Fragen beantwortet werden können. Wir sehen eigentlich nur, wie viel größer alles ist, als wir bisher vielleicht dachten. Dennoch gibt es genug Antworten, dass ich befriedigt aus diesem vorerst letzten Band herausgegangen bin. Es hat für mich alles einfach gut abgerundet und gleichzeitig die Faszination und den Grusel dieser Welt aufrecht erhalten.

Alles in allem hatte ich das Gefühl, dass dadurch die Reihe hier zu einem guten Ende findet. Während das erste Buch vor allem Horror und Grusel auslöst, wenn wir diese Welt sehen, in der alles möglich scheint und nix ist, wie es soll, sehen wir im zweiten Band die Frustration, mit der man hier nach Antworten suchen muss. Band 3 gibt uns jetzt eine seltsame Traurigkeit und Melancholie, wenn wir auf Saul und seine Träume sehen, wenn wir den inneren Kampf in Ghost Bird sehen, wenn wir das lebenslange Streben nach einer verlorenen Heimat der Psychologin sehen. Mir hat das so gut gefallen.

Ich hoffe, ihr seid jetzt begeistert für diese Reihe.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Samstag, 6. April 2024

Authority


Hallo meine Sci-Fi-Freunde,

wir kommen heute zum zweiten Band der Southern Reach-Reihe, in dem wir einem neuen Protagonisten folgen, der aus einer anderen Perspektive auf Area X schaut. Für viele scheint das der schlechteste Band der Reihe zu sein, ich habe viele enttäuschte Rezensionen gesehen, und auch wenn ich diesen Band nicht so gut fand wie den ersten, blieb bei mir eine große Enttäuschung aus. Aber dazu gleich mehr.

Die Fakten:

  • Titel: Authority (dts. Autorität)
  • Autor: Jeff Vandermeer
  • Reihe: Southern Reach 2
  • Erschienen: 2014
  • Verlag: Farrar, Strauß and Giroux (Bind-up aller drei Bände)
  • Seiten: 226 (im Bind-up)
  • Preis: 22,99 Euro (Bind-up aller drei Bände)
  • Klappentext: "After thirty years, the only human engagement with Area X—a seemingly malevolent landscape surrounded by an invisible border and mysteriously wiped clean of all signs of civilization—has been a series of expeditions overseen by a government agency so secret it has almost been forgotten: the Southern Reach. Following the tumultuous twelfth expedition chronicled in Annihilation, the agency is in complete disarray. John Rodríguez (aka "Control") is the Southern Reach's newly appointed head. Working with a distrustful but desperate team, a series of frustrating interrogations, a cache of hidden notes, and hours of profoundly troubling video footage, Control begins to penetrate the secrets of Area X. But with each discovery he must confront disturbing truths about himself and the agency he's pledged to serve."


Zur Handlung: Control hat wenig Glück mit seiner Karriere. Nachdem ihm ein tödlicher Fehler während einer Mission unterlaufen ist, wird er von einer Position auf die nächste geschoben, meist mit suboptimalen Folgen. Nun erhält er seine letzte Chance - weil seine Mutter ein hohes Tier in der Organisation ist: er soll der neue Direktor der Southern Reach werden und die Area X überwachen.

Kaum in seiner neuen Position angekommen, bekommt Control schnell einen Eindruck des chaotischen Treibens in Southern Reach. Von der feindlichen Vizedirektorin zu den verwirrten Wissenschaftlern scheint niemand wirklich mehr einen klaren Kopf für seine Stelle zu haben. Control will diesen Dingen auf den Grund gehen - und kann sich dabei nicht sicher sein, wie klar sein Kopf eigentlich noch ist.

Der Sprung in eine neue Perspektive auf die Area X kann im ersten Moment etwas desorientierend sein, macht aber im weiteren Verlauf der Geschichte Sinn. Ich kann nicht zu viel dazu sagen, weil es das erste Buch spoilern würde, aber ich fand, dass wir dadurch auf eine bestimmte Figur eine notwendige Perpektive bekommen. Wir schauen eben nochmal aus einer ganz anderen Richtung auf die Ereignisse und können neue Fragen stellen.

Control als Hauptfigur scheinen viele Leute nicht zu mögen. Ich hatte mit ihm kein Problem. Klar, er ist irgendwie nicht ganz richtig im Kopf, aber wer kann das von sich behaupten, wenn er auf so eine Stelle unter solche Kollegen bzw. eigentlich Angestellte kommt. Ich konnte zumindest die tiefe Frustration mitfühlen, die Control in seiner Rolle empfindet, weil es ihm eben nicht gelingt, Southern Reach in seine Kontrolle zu bringen. Außerdem hat er eine Katze...

Neben Control sind noch ein paar andere Charaktere relevant. Wir lernen einiges über seine Familie. Entgegen der üblichen Klischees ist seine Mutter ein hohes Tier in der Organisation hinter Southern Reach, die Tochter eines sehr berümten Agenten, die es selber weit gebracht hat. Control ist da das schwarze Schaf. Der Vater war ein eher erfolgloser Künstler mit hispanischen Wurzeln. In Southern Reach ist dann Carol wichtig, die sofort mit Control auf Kriegsfuß zu sein scheint. Ich habe mich das ganze Buch gefragt, was eigentlich ihr Problem ist - und es ist vor allem ihre Verbindung zur vorherigen Direktorin, dessen Job Control einnimmt. Schließlich haben wir noch zwei Mitarbeiter aus dem wissenschaftlichen Bereich, die relevant sind. Beide erscheinen ein bisschen verrückt, und man fragt sich, ob das zum Wissenschaftlersein gehört, oder ob mehr dahinter steckt. Dann gibt es noch eine Figur, die aus Area X zurückkehrt, zu der Control eine große Faszination hinzieht, und von der er sich Antworten verspricht.

Während wir also im ersten Band in Area X sind und diese wahnwitzige Welt erleben, schauen wir nun von außen darauf. Und es gibt so viele offene Fragen, dass man gar nicht weiß, an welcher Ecke man ziehen soll in der Hoffnung, dass sich der Knäul dann auflöst. Control versucht es in verschiedene Richtungen, aber dieses Buch steht ganz im Zeichen von Frustration. Er scheint immer einen Schritt hinterher zu sein, und jede Antwort stellt gleichzeitig zwanzig neue Fragen. Die größte Frustration besteht allerdings darin, dass niemand zu wollen scheint, dass er Antworten findet - und dies aktiv verhindert wird. 

Diese Frustration führt vielleicht dazu, dass viele Leute das Buch so schlecht finden. Für mich war es aber absolut nachvollziehbar. Wir schauen hier auf eine Organisation, die seit mindestens 30 Jahren Geheimnisse hat. Noch dazu hat die letzte Direktorin ganz offensichtlich ihre eigene Agenda verfolgt und Southern Reach teilweise dazu benutzt. Und auch andere Player in dem Gefüge scheinen ihre Pläne und Ziele mit Southern Reach zu verfolgen. Control ist dabei nur ein kleiner Spielstein, und vielleicht ein Bauernopfer. Trotzdem gibt er nicht auf, bis die Situation völlig eskaliert.

Alles in allem hat mir deswegen auch der zweite Band der Reihe gut gefallen. Auch wenn ich ihn etwas schwächer finde als Band 1, erhalten wir hier wichtige Einsichten in Southern Reach, ohne die die Geschichte nicht erzählt werden kann. Control als Charakter hat mir eigentlich immer eher Leid getan, bzw. habe ich mit ihm gefühlt, denn in seiner Haut wollte ich nicht stecken. Das Ende ist dann auch sehr ereignisreich und etwas verwirrend, aber danach wollte ich unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung: